Bericht zur Studientagung der Landsmannschaft der Oberschlesier am 01.06.24 in Malapane (de)/ Ozimek (pl), Polen / Oberschlesien)

Bericht zur Studientagung der Landsmannschaft der Oberschlesier am 01.06.24 in Malapane (de)/ Ozimek (pl), Polen / Oberschlesien

Am 01.06.2024 fand die vom stellv. Bundesvorsitzenden / Bundeskulturreferenten der Landsmannschaft der Oberschlesier, Johann Ceglarek, organisierte Studientagung in Malapane statt. Für die finanzielle Förderung durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat möchte sich die LdO herzlich bedanken.

45 Gäste waren erschienen, um ein interessantes Programm zu erleben. Die Tagung hat die Geschichte der Schwerindustrie in Oberschlesien im Museum der Hüttenindustrie in Malapane aufgezeigt. Die Veranstaltung zog im großen Teil Nicht-Fachleute an, um die Entwicklungen, Herausforderungen in der Branche kennenzulernen und zu diskutieren.

Eröffnung

Die Tagung wurde von Johann Ceglarek, der nach dem Studium in einem Stahlrohr-walzwerk in Andreashütte, nicht weit von Malapane-Hütte gearbeitet hat, eröffnet.

In seiner Eröffnungsrede begrüßte er alle Gäste, u.a. den Bürgermeister der Stadt Ozimek, Miroslaw Wiesiolek, den Vorsitzenden der Stadtrat Ozimek, Zygmunt Olbryt  und den Gastgeber, Józef Tomasz Juros, den Leiter des Museums der Hüttenindustrie und gleichzeitig den Vorsitzenden des Vereins Malapanetal.

(Foto: v.l. Johann Ceglarek, Józef Tomasz Juros)

Józef Juros – Vortrag und Museumsführung in deutscher Sprache

Józef Juros beleuchtete gleich nach der Begrüßung die Geschichte des Vereins Malapanetal. Der Verein Malapanetal wurde im Jahr 2006 registriert. Es handelt sich um eine gemeinnützige Organisation, die in der Gemeinde Ozimek tätig ist. Die Absicht der Gründer war es, das bürgerliche Bewusstsein der lokalen Gemeinschaft zu stärken, indem sie das Wissen über die Denkmäler und die Geschichte unserer "kleinen Heimat" fördern und die Bewohner darauf aufmerksam machen, dass wir eine Gemeinschaft sind, deren Hauptziel das Gute und die Entwicklung sein sollte. Durch das Kennenlernen der reichen Geschichte möchte der Verein alle Einwohner der Gemeinden des Malapanetals integrieren.

Dabei betonte Herr Juros die Bedeutung der Gießerei- und Stahlindustrie für die Region Malapane. Er sprach über die Rolle der Faktoren wie Wasser, Eisenerze und Steinkohle bei der Eisengewinnung und Stahlproduktion. Die Produkte waren im Museum neben zahlreichen Denkmälern präsentiert, die die Teilnehmer in zwei Gruppen (wegen der Sprachen: Deutsch und Polnisch) bewundern konnten.

(Foto: Józef Tomasz Juros)

Adam Purwin – Museumsführung in polnischer Sprache

Die Museumsführung in polnischer Sprache führte Herr Adam Purwin aus, zusätzlich hielt er ebenfalls einen Vortrag über das Hüttenwerk.

Das Museum sammelt historische Produkte, eine reiche Sammlung von kunstvollen gusseisernen, ikonographischen und kartographischen Dokumenten zur Geschichte des Stahlwerks, die in Privatsammlungen aufbewahrt werden oder sich im Besitz des Vereins befinden. Die Dauerausstellung bringt Touristen und der lokalen Gemeinschaft ein wichtiges Fragment der Geschichte der Wiege der schlesischen Industrie näher, nicht nur für diesen Teil Europas.

Vortrag - Johann Ceglarek

Im folgenden Vortrag hat Johann Ceglarek das Walzen nahtloser Stahlrohre nach Mannesmann, Ehrhardt, Stiefel und anderen mit Hilfe von Bildern, technischen Zeitungen und Videos vorgestellt. Eigene Erfahrungen aus den Berufszeiten in der Andreashütte (Zawadzki) halfen den Teilnehmer die Komplexion der Produktion der nahtlosen Stahlrohre zu verstehen.

Alle nahtlosen Stahlrohre werden aus massiven, in Kokillen abgegossenen oder im Strang vergossenen Blöcken hergestellt. Diese werden in der ersten Stufe zu einem dickwandigen Hohlkörper verformt. Das geschieht nach dem von Mannesmann erfundenen Schrägwalz- oder nach dem von Heinrich Ehrhardt entwickelten Press-Verfahren.

Danach werden die Rohre an der Stoßbank und am Walzwerk-Reduktor weiterbearbeitet. Die Entwicklung begann in den 1880er Jahren mit dem Schrägwalzwerk der Brüder Mannesmann. Grundlegend dafür waren Erfindungen, die vor mehr als 100 Jahren gemacht wurden und ihre Bedeutung bis heute behalten haben.

Die Kommunikationswege in Oberschlesien waren ebenfalls ein Schwerpunkt der Tagung. Der Referent, Prof. Kasimir Klossek von der Akademie Gleiwitz musste leider kurzfristig seine Teilnahme aus gesundheitlichem Grund absagen. Józef Juros hat den Ausfall mit einem Videofilm über die Salzgewinnung in Ciechocinek in Polen gefüllt.

Die Gradierwerke in Herrmannsbad wurden von Johann Jacob Graff, Professor an der Bergbauakademie Kielce, entworfen. Sie entstanden an den Solequellen, die hier erst    in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bekannt wurden.

Die 3 Gradierwerke mit einer Länge von 333 m bis 719 m und den Kapazitäten von 2.900–6.300 m³ wurden in den Jahren 1824-59 gebaut.    Die Sole mit einem Salzgehalt von 5,8 % wird aus der Quelle, dem sogenannten Grzybek-Brunnen ausgepumpt und auf die Spitze des Gradierwerks in spezielle Behälter hineingedrückt. Die Sole tropft durch den Schwarzdorn und verdunstet unter dem Einfluss von Wind und Sonne, wodurch ein Mikroklima entsteht, das reich an Jod, Natrium, Chlor und Brom ist. Dadurch bildet sich hier ein natürliches therapeutisches Inhalatorium.

Die Gradierwerke bilden die zweite Stufe des Produktionsprozesses von Salz, in der die Salzkonzentration der Sole schrittweise ansteigt. Die  Salzkonzentration beträgt 9 % auf dem Gradierwerk Nr. 1 bis zu der höchsten Salzkonzentration von 30 % auf dem Gradierwerk Nr. 3. Von dort fließt die Sole durch die Rohrleitungen zu den Salinen  (dritte Stufe der Salzproduktion), wo Salz, Salzschlamm und heilende Salzlauge produziert werden.

2017 wurden die Gradierwerke, die Saline sowie der Tezniowy- und der Zdrojowy-Park  in die Liste der polnischen Geschichtsdenkmäler eingetragen. Im Jahr 2019 erhielt der Kurort Ciechocinek eine Förderung von 15 Millionen PLN aus europäischen Mitteln für die Renovierung der Gradierwerke.

Vortrag - Róza Zgorzelska

Zum Abschluss der Tagung hat Ró?a Zgorzelska von der Deutsche Minderheit über das Dorfmuseum „Farska Stodo?a“ (Pfarrer Scheune) in Friedersdorf (Biedrzychowice) berichtet. Das 2002 eröffnete Dorfmuseum ist in einer wunderschön restaurierten alten Scheune untergebracht, die heute von außen und innen wie ein altes schlesisches Haus aussieht. Es gibt Hunderte von Exponaten, die die Geschichte, Kultur und Tradition der Region darstellen. Zu sehen sind u.a. Gebrauchsgegenstände, Möbel, Haushaltswaren (auch Gusstöpfer aus Malapane), Porzellan, Dokumente, Bücher und regionale Trachten. An den Wänden kann man Archivfotografien aus den Jahren 1876 – 1935 bewundern. Neben der Dauerausstellung organisiert das Museum thematische Ausstellungen zur Geschichte und Tradition des Dorfes und der Region sowie zahlreiche kulturelle Veranstaltungen.

Die Liebe geht durch den Magen lautet das Motto für die Organisatoren, die auch seit Jahren erfolgreich Koch- und Backkurse nach oberschlesischen Rezepten in der „Farsa Stodola“ anbieten.  

Die Tagung war ein großer Erfolg und zeigte deutlich, dass  Themen aus dem Bereich Technik, Tradition und Geschichte für die Teilnehmer vom Verein Malapanetal und Museum der Hüttenindustrie in Ozimek, von der Deutsche Minderheit in Polen sowie für die Vertreter der Landsmannschaft der Oberschlesier e.V.  spannend und interessant sein können.

(Foto: Roza Zgorzelska)

Glück auf!  Johann Ceglarek, LdO BV e.V.

Bilder © LdO BV e.V.

(In der unteren Bildergalerie können Sie mehr Fotos zu der Studientagung sehen, mit Beschreibung durch Klick auf Foto, Pfeile links & rechts zum Scrollen.)

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Diese Studientagung in Malapane (Polen) 01.06.2024 bis 02.06.2024 wurde ermöglicht dank der Förderung durch BMI:

Bundeszuwendung zur Unterstützung von Maßnahmen der Vertriebenen zur Förderung des friedlichen Miteinanders mit den Völkern Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas im Haushaltsjahr 2024 aus Kapitel 0603 Titel 68502

20.6.2024: Bericht zur Studientagung der Landsmannschaft der Oberschlesier am 01.06.24 in Malapane (